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Typ 82 E

Der Käfer 1/89
Mit Superlativen tut man sich schwer, will man sie nicht nur formulieren, sondern auch belegen können. Es gibt sie alle nicht, den schönsten, den schnellsten oder den originalsten Käfer. Den schwierigsten allerdings kennen wir. Wie lange schon die Redaktion hinter dem diesmal porträtierten Typ 82E hinterherlief, vermag im Augenblick keiner von uns genau zu sagen; immer wieder verstand es Besitzer Christoph v. Hutten, sich fast kunstvoll vor einer Veröffentlichung zu drücken. Ein anderer Wagen gleichen Typs, Baujahres, vielleicht sogar in besserem Zustand, kam nicht in Frage. Warum? Nun, immerhin gilt es, den zweiten Superlativ beim Namen zu nennen: Cristophs Bretler ist der älteste Käfer im Klub der Käfer-Freunde!

Darüber hinaus hat uns die Art und Weise, in der sein Besitzer aus ihm automobilen Nutzen zieht, schwer beeindruckt. Obgleich bereits 46 Jahre alt und somit ein Erz-Uralt-Veteran, fehlt diesem Käfer die typische museale Gebrechlichkeit. Eingereiht als Längsparker inmitten von neuzeitlichen Aerodynamikbeweisen ist er nicht zu übersehen - ausgeschlossen! Seine gut 30 cm Bodenfreiheit lassen ihn fast herrschaftlich wirken, zumindest aber ungeheuer bullig und stabil. Für den Slogan "... nicht umzubringen" muß er oder einer seiner Artgenossen Pate gestanden sein.

Zu solcherlei fahrzeug-philosophischen Betrachtungen hat unser bebildeter Typ 82E in der Vergangenheit sicherlich manch einen Passanten ermuntert, denn eine pellerinengeschützte Aufbewahrung im Verborgenen (mit gelegentlichen Sonnenfahrten...) mußte er nicht über sich ergehen lassen. Im Gegenteil, die durchweg gute Kondition wird ihm wohl durch die ständige Bewegung erhalten geblieben sein, die Christoph ihm abfordert - zur Freude oben erwähnter Mitmenschen und zur Fassungslosigkeit diverser Pajero-, Suzuki-, oder Renegade-Piloten.

Abseits befestigter Verkehrswege macht er im direkten Vergleich zur modernen 4x4-Auswahl durchweg gute Noten und erscheint irgendwie immer als die ehrlichere Lösung, ginge es um die Frage nach dem ultimativen Geländespaß. Grobstollig bereift im Format 200x16 Zoll, versehen mit Drehstäben, gegen die geläufige 1200er Bestückungen wie Streichhölzer wirken, "fräst" Christoph durch schlammige Reviere in allen Schattierungen. Das 90%ige Gleitstein-Sperrdifferential vermittelt erstaunliche Traktion, die käferuntypische Bodenfreiheit ermutigt zu Exkursionen mit höherem Schwierigkeitsgrad. Daß hierzu gerade einmal die gutbekannten 24,5 PS Vorschub leisten, ist Ehrensache.

Das Geräusch im Innenraum ist dennoch kernig-anregender, als manch Luxus-Turbo-Offroad mit weit mehr Hubraum ins Cockpit vermittelt. Das Bewegen eines Serienkäfers gilt landläufig bereits von aktiv bis rustikal, so richtig kompromißlos gestaltet sich die automobile Fortbewegung aber erst im "82er".

Von einer Innenausstattung, ja, vielleicht sollte man es so gar nicht nennen, ist in der Tat nicht viel zu sehen. Ungehindert breitet sich folglich nach der Starterknopfbetätigung eine urige Geräuschkulisse aus, die mehr an Unimog und seine Freunde erinnert.

Über das Geschichtliche Umfeld, das zur Entstehung des Typ 82E nicht nur beitrug, sondern sie vielmehr erst auslöste, existiert erschöpfende Literatur, mit der wir uns auf diesen Seiten nicht messen müssen. Denn zur statischen Abbildung mit erklärenden Texten im Grabstein-Stil ist Christophs Käfer viel zu lebendig. Sein Befinden unterliegt einer ständigen Überprüfung unserer o.g. Passanten, die aktiv "nachsehen", ob die Winker wirklich noch winken, ob er tatsächlich so hart gefedert ist ... Noch einer anderen Zunft verleidet Christoph auf Dauer den Spaß am Alltagseinsatz erheblich: Kaum ein Tag, an dem ihn nicht eine rote Kontrollkelle stoppt, wöchentlich mindestens eine Mängelanzeige mit der Aufforderung, die "zu großen Reifen" entfernen zu lassen. Dabei wurden ohnehin schon Abstriche vorgenommen, der Spaten von der Fahrertür demontiert, die Tarnscheinwerfer in Kisten eingemottet. Dererlei Originalteile verstoßen nun leider einmal gegen gängige Bestimmungen; weniger aufgrund ihrer kriegerischen Vergangenheit, vielmehr wegen ihrer scharfen Kanten und daraus resultierenden Verletzungsgefahren im öffentlichen Straßenverkehr.

Dort fällt er sowieso immer auf: Ob als matt-grün-sandfarbener Exote zwischen hochglänzenden Zweischichtlackierungen oder allein, wenn sein Besitzer mit ihm in flüssigem Tempo von der A-Straße zum B-Platz eilt. Letzterer Anblick läßt den Betrachter zweifeln, ob in der Nähe ein Manöver stattfindet oder sein Gesichtsausdruck gerade von der "Versteckten Kamera" festgehalten wird.

VW Typ 82 E:

Baumuster 92, Fahrgestellnummer 5-018188

Auslieferung an das Heereszeugamt Kassel am 23.April 1943

Besitzer: Christoph v. Hutten, Lohr/Main

 

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