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Treffen im Mai

VW Speed 3/96
 
Käferhauptstadt ist Hannover,
dort trifft sich die Boxer-
Familie zum luftgekühlkten
Fest,feiert sich selbst
und die Lust am Käfer
1.Mai-Saisonauftakt. Die Zulassungsstellen sind zu bedauern, wenn tausende von Käferfahrern noch schnell ihren Luftgekühlten zulassen, um am 1.Mai nach Hannover zu rollen.
Dort angekommen löhnen sie fünfzehn Mark pro Auto und schieben sich in langen Schlangen auf das Gelände an der Opelstraße(!)-falls man überhaupt noch unterkommt auf dem Mega-Parkplatz. Da hilft nur eines:Ganz früh dasein.

Wenn gegen zehn Uhr Rush-hour ist, staut sich der Corso der Anreisenden locker bis auf die Autobahn. Irgendwann um eins ist dann sowieso alles dicht. Nicht nur der offizielle Meeting-Point bei Real und Unger, sondern das gesamte Industriegebiet.Da wird dann auch nicht mehr abkassiert.
1.Mai ist Jahresanfang:
Impression vom Mega-Käfertreffen
Gute Geschäfte machen auch die Händler. Die Umsätze steigen von Jahr zu Jahr, deshalb kommen auch jedes Jahr mehr. Das hat einen Vorteil: Bei dem Riesen-Angebot müßte einfach jedes Teil zu kriegen sein. Andererseits hat der Handel auch einen so professionellen Touch bekommen, daß richtige Schnäppchen selten geworden sind.

Wer allerdings nur gekommen ist, um alte Freunde wiederzutreffen, neue Autos zu bestaunen oder einfach volle Käferluft einzusaugen, den stört das sowieso nicht. Stau vor den Freßbuden, Stau vor den Toilettenwagen. Ab drei löst sich das Ganze wieder auf, abends um sieben ist der Platz leer und keiner hätte eine Idee, was heute hier los war.
Maikäfertreffen:Wer’s nicht
selber gesehen hat,glaubt’s nicht.
Hannover ist wie nach Hause kommen -
daheim in Boxerluft
1.Mai ist kaum zu beschreiben, wer’s nicht selber gesehen hat, glaubt’s nicht - und sollte deshalb nächstes Jahr unbedingt mal hinschauen. Schönes Wetter ist meistens inklusive. Auch wenn‚s nirgends angekündigt ist, Maikäfertreffen findet immer statt. Und würden die Hannoveraner um Niko Bock mal ein Jahr kein Treffen machen wollen, kämen die Käfer trotzdem und die Show lohnt sich jedesmal.

Jens Richter ist einer von denen, die wirklich was zu zeigen haben. Stolz öffnet er die Motorhaube seines 81er Mexiko-Käfers. Es ist ein Ritual, als ob er den Deckel einer Schatztruhe aufschließt. Was unter der Haube liegt,funkelt ebenso wie Goldstücke. Ein blankgeputzter Zweiliter-Motor vom Porsche 914. Jens Richter befindet sich mit seinem knallblauen Käfer in guter Gesellschaft: Rund 3000 Käfer kamen diesmal zum Maikäfertreffen nach Hannover.Mit Masse und Klasse bewiesen sie:Der Käfer gehört längst noch nicht zur aussterbenden Rasse. Er ist lebendiger und farbenfroher als je zuvor. Jens Richter konnte nur einen Beifahrer mit nach Hannover nehmen. Weil sein Käfer nur 4,5 Zentimeter Abstand zum Boden aufweist, mußte er die Rückbank ausbauen, um TÜV-tauglich zu bleiben. Das Auto ist das Hobby des 22jährigen Tapetendruckers. Jede Mark, die er übrig hat, steckt er in seinen Volkswagen - kein Einzelfall im Kreis der Gleichgesinnten. "Der Käfer ist das einfachste Auto, man kann so viel selbermachen", schwärmt er begeistert. Eer hat sich zu den anderen müden Boxerbesitzern auf den Boden gesetzt. Zusammen fachsimpeln sie, trinken Kaffee aus Thermoskannen oder essen kleine Snacks.

Erschöpft sitzen Heiko und Dirk Isenbügel in ihrem 74er Käfer. Sein Lila haben sie dem Opel Corsa geklaut und mit einem gelben Flammenmuster aufgepeppt. "Der Käfer ist wie ein Virus. Ist man einmal infiziert, ist es vorbei mit anderen Autos", sagt der 33jährige schmunzelnd.
"Der Käfer ist wie ein Virus.
Ist man einmal infiziert, ist es vorbei
mit anderen Autos"
Gleich nebenan: Ingmar Janner. Er kommt aus Loxstedt bei Bremerhaven und wollte kein Auto von der Stange fahren, sondern ein Einzelstück. Von seinem feuerroten 74er Käfer blieben allerdings nur Spiegel und Zündschlüssel, alles andere hat der 31jährige Schlosser per Speedstar-Bausatz verändert. Die Motorhaube imitiert einen 40er Ford, der 94PS-Motor ist eine getunte VW-Bus-Maschine. Einen Winter lang hat Janner daran gebaut. Er ist Käfer-Fan durch und durch: Mit elf Jahren durfte er das erste Mal ans Steuer eines Autos. Der Käfer seiner Eltern. "Das hat mich wohl geprägt."

Der Käfer von Michael Tschirdewahn ist nur sechs Tage jünger als er. Beide Baujahr 69. Tunen kommt für Tschirdewahn nicht in Frage, er will seinen savannenbeigen Oldie im Urzustand lassen. So fühlt man sich sofort in die 60er Jahre versetzt, wenn man dieses Auto sieht. Das I-Tüpfelchen zu dieser Zeitreise ist der Koffer, den der Käfer per Gepäckträger auf seiner Motorhaube transportiert. "Der Koffer ist so alt wie das Auto, ich habe ihn bei meiner Oma aufgetan", sagt er lächelnd.

Wenige Meter weiter legt der zwanzigjährige Markus Möller gerade seinen roten Schraubenzieher kurz beiseite. "Der Käfer ist ein tolles Auto. Er ist sehr lieb, günstig in der Versicherung, aber er trinkt ein bißchen viel und man muß immer einen Schraubenzieher in der Tasche haben", erzählt er. Dafür ist der Käfer echter Kult. Und wer schraubt nicht gern an einem Kultobjekt.

 

 

 

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